Redebeitrag

gehalten auf der Demonstration der Gewerkschaftssektion Nahrung und Gastronomie (BNG) der FAU-Dresden am 27. Februar 2014

Liebe gekündigten Kellner_innen, liebe Basisgewerkschaft Nahrung und Gastronomie, liebe Freie Arbeiterinnen und Arbeiter-Union Dresden, seit dem 1. Februar 2014 hat das Wort Streikposten Einzug in unseren täglichen Sprachgebrauch gefunden. Politische Organisierung und kämpferische Auseinandersetzungen in unseren Arbeitsverhältnissen kennen wir nicht. Dass diese aber trotz Deregulierung, Prekarisierung von Jobs und Arbeitsverhältnissen und der enormen Vereinzelung nicht unmöglich ist habt ihr unter Beweis gestellt. Dafür vielen Dank!

Wir möchten ein Stichwort aus dem vorangegangenen Redebeitrag aufgreifen: Niedriglohnsektor Dresden-Neustadt. Die Einführung der Agenda 2010 und die Ausweitung des Niedriglohnsektors, von Leiharbeit, Minijobs und anderen prekären Arbeitsmodellen, die Erhöhung des Renteneintrittsalters usw. haben die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Deutschland neoliberalisiert. Die deutsche Niedriglohnpolitik und die damit direkt verbundene Exportweltmeisterschaft hat die Arbeitsmärkte anderer EU-Länder destabilisiert.
„Deutschland hat in den letzten zehn Jahren hervorragende Arbeit geleistet“, wird die damalige französische Wirtschaftsministerin und heutige Präsidentin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, im März 2010 zitiert. Und: „Es hat seine Wettbewerbsfähigkeit verbessert und die Lohnkosten deutlich gedrückt.“
Das deutsche Modell „den Standort“ auf Kosten der Lohnabhängigen wettbewerbsfähig zu machen, wird inzwischen in der gesamten EU umgesetzt. Die deutsche und europäische Krisenpolitik ist darauf ausgerichtet, die Schuldenkrise für eine Ausweitung der Logik der Agenda 2010 in den europäischen Großraum hinein zu nutzen.
Andernorts, z.B. in Spanien, Portugal und Griechenland haben sich die Menschen gegen diese z.T. lebensbedrohlichen Sparmaßnahmen mit Demonstrationen, Platzbesetzungen und regelmäßigen Generalstreiks zur Wehr gesetzt. In Griechenland halten z.B. zur Zeit 5.000 entlassene Ärzt_innen und Pflegepersonal die per Beschluss des griechischen Gesundheitsministers geschlossenen Polikliniken besetzt. Uns diesen Abwehrkämpfen gegen die Verarmung und Verelendung anzuschließen, z.B. indem wir uns gegen Niedriglöhne organisieren, ist das Mindeste was wir tun können, nachdem die relativ geräuschlos eingeführte Agenda 2010 nun zu einem deutschen Exportschlager geworden ist. Es ist das solidarischste was wir tun können. Und nicht zuletzt können und wollen wir nicht in 2 prekären Jobs arbeiten, wozu heute schon über 2,6 Millionen Menschen in Deutschland gezwungen sind. Denn wir wollen uns lieber mit mehr Zeit und Kraft dem Transformationsprozess hin zu einer nicht kapitalistischen Gesellschaft widmen. Und die Reproduktionsarbeit muss auch noch erledigt werden. Also die Löhne rauf und runter mit den Arbeitsstunden!

gruppe polar